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Die Zukunft der automobilen Software: Warum Standardisierung überlebenswichtig ist

Oliver Viel
14.02.2025 00:00:00

Beim exklusiven CIO- und CTO-Treffen Sharing the Roadmap hielt Steffen Herz, Director des Software House bei HELLA/Forvia, eine Masterclass, die ein zentrales Problem der Automobilbranche ins Visier nahm: die Ineffizienz der Softwareintegration und die dringende Notwendigkeit einer einheitlichen Standardisierung.

Steffen Herz at Sharing the Roadmap Executive Summit in Babelsberg

Komplexität als Innovationsbremse

Herz begann seine Präsentation mit einem realistischen Blick auf die Entwicklung der automobilen Software. Während Software-Innovationen den Wandel der Branche vorantreiben, ist ihre enge Verknüpfung mit physischer Hardware – Sensoren, Aktuatoren, Mikrocontrollern – eine ständige Herausforderung. In der Automobilindustrie geht es selten um reine Software-Innovation. Vielmehr entstehen bahnbrechende Features an der Schnittstelle zur realen Welt, wo funktionale Sicherheit und Echtzeitpräzision unverzichtbar sind.

Doch genau diese Komplexität bremst die Branche aus. Während neue Software-Funktionen das Fahrerlebnis verbessern, verursachen Entwicklung, Integration und Validierung hohe Kosten und Verzögerungen. Herz verdeutlichte das Problem mit einer eindrucksvollen Zahl: Bis zu 60 % des Software-Engineering-Aufwands fließen nicht in die Entwicklung neuer Features, sondern in deren Integration und Verifikation.

Die versteckten Kosten der Variantenvielfalt

Ein Kernproblem liegt in der massiven Anpassungsarbeit, die nötig wird, wenn Software auf neue Plattformen oder Kundenanforderungen übertragen werden muss. Herz skizzierte eine typische Situation: Eine Funktion, die in der Vorentwicklung reibungslos funktioniert, muss plötzlich aufwendig modifiziert werden, weil ein Kunde ein anderes Betriebssystem oder einen neuen Mikrocontroller fordert. Dies führt zu einem Dominoeffekt aus Neukonfiguration, Re-Tests und Anpassungen – selbst wenn die eigentliche Funktion unverändert bleibt.

Für Herz ist das nicht nur ein technisches, sondern auch ein Managementproblem. „Warum dauert das so lange?“, zitierte er die wiederkehrende Frage seiner Führungsebene. Die Funktion ist doch fertig – warum kann sie nicht einfach ins Auto? Die Realität ist jedoch, dass sich die Grenzen um die Software herum – Frameworks, Hardware, Sicherheitsanforderungen – ständig verändern. Mehr als 25 % der Änderungen betreffen laut Herz diese äußeren Rahmenbedingungen, nicht das Feature selbst.

Besonders gravierend sind Änderungen an Mikrocontrollern. Ob durch Lieferkettenprobleme, Risikomanagement oder Kundenanforderungen verursacht – der Wechsel eines Mikrocontrollers bedeutet oft eine komplette Neukonfiguration der Software, von der Basissoftware über Bootprozesse bis hin zu Security- und Middleware-Komponenten. Hier sind hochspezialisierte Experten gefragt, um die Anpassungen effizient und sicher umzusetzen.

Standardisierung als Rettungsanker der Branche

Angesichts dieser Herausforderungen formulierte Herz einen klaren Appell: Die Automobilindustrie muss sich auf einheitliche Software-Standards einigen. Zulieferer, OEMs, Halbleiterhersteller und Softwareanbieter müssen gemeinsam flexible, aber stabile Lösungen entwickeln, um redundante Arbeit zu vermeiden.

Die aktuelle Situation – ein Flickenteppich aus inkompatiblen Tools, fragmentierten Prozessen und widersprüchlichen Standards – bremst die Branche aus. Herz verwies auf andere Industrien, in denen Open-Source-Kollaboration und standardisierte Formate den Fortschritt beschleunigt haben. Im Gegensatz dazu sei die Automobilbranche zu langsam. „Und das kostet uns“, betonte er eindringlich.

Eine Vision für die Zukunft

Herz skizzierte eine Lieferkette, die auf einem robusten, adaptiven Standard basiert – von Mikrocontrollern über Softwareanbieter bis hin zu den finalen Integratoren. Ein solcher Ansatz würde den Integrations- und Verifikationsaufwand drastisch reduzieren und Ingenieuren ermöglichen, sich stärker auf Innovationen zu konzentrieren.

Obwohl er die Komplexität dieses Vorhabens anerkennt, bleibt Herz optimistisch. Werkzeuge wie Seerene, die Software-Evolution analysieren und vergleichen, sind ein Schritt in die richtige Richtung. Auch das Potenzial generativer KI zur automatisierten Spezifikationsanalyse sieht er als vielversprechend – wenn auch noch in einem frühen Stadium.

Sein Fazit war unmissverständlich: Die Branche muss größer denken. Ohne gemeinsame Standards und Zusammenarbeit wird wertvolle Zeit und Geld für Herausforderungen verschwendet, die den Endkunden keinen Mehrwert bieten.

YouTube Previews Hella Forvia

The Software Excellence Network

Das Software Excellence Network ist eine kollaborative Plattform, die sich den größten Herausforderungen der Unternehmenssoftwareentwicklung widmet. Durch den Austausch zwischen führenden IT-Experten und wissenschaftlichen Partnern unterstützt das Netzwerk Unternehmen dabei, Softwareentwicklung strategisch zu steuern und effizienter zu gestalten. Masterclasses, Executive Exchanges und Thought Leadership-Initiativen treiben Innovation und Exzellenz in der softwaregetriebenen Welt voran. Diese Masterclass war Teil des Sharing the Roadmap Executive Exchange, organisiert vom Software Excellence Network.

Hinweis für unsere Leser: Dieser Artikel fasst die wichtigsten Konzepte der Präsentation von Steffen Herz journalistisch zusammen. Für ein vollständiges Verständnis seiner Ideen und Beispiele empfehlen wir, die gesamte Masterclass anzusehen. Bei Fragen oder Anmerkungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.