Die Zukunft der Automobilindustrie: Wie die Software Factory das nächste Zeitalter prägt
Die Automobilbranche steht vor einer der größten Transformationen ihrer Geschichte. Während die industrielle Revolution und das Fließband einst die Produktion revolutionierten, treibt heute die Software-Entwicklung den Wandel voran. Diese neue Realität skizzierte Manuel Yoon, damals Principal bei Roland Berger und heute General Manager Germany bei AutoBrains, in seinem Vortrag auf dem Automotive Software Factory Executive Exchange.
Yoon stellte eine historische Parallele zur Skalierung des Model T auf: Henry Ford hatte seinerzeit Inspiration aus anderen Industrien – etwa Brauereien und Großbäckereien – gezogen, um das Fließband zu perfektionieren. Der Effekt war eine drastische Reduzierung der Produktionszeit und Kosten, wodurch bis 1927 rund 15 Millionen Model T gefertigt wurden. Heute stellt sich die Frage: Kann die Automobilbranche diesen Skalierungseffekt auf Software übertragen?
Die Automobilindustrie war lange Zeit stark von mechanischen Innovationen geprägt – von leistungsstärkeren Motoren bis hin zu aerodynamischen Designs. Doch heute liegt der Fokus zunehmend auf Software-Updates, digitalen Services und cloudbasierten Funktionen.
Moderne Fahrzeuge sind nicht mehr nur Transportmittel, sondern rollende Computer mit Millionen Zeilen Code. Automobilhersteller investieren massiv in die Digitalisierung, um personalisierte Fahrerlebnisse zu schaffen. Beispiele sind:
Doch während die Möglichkeiten grenzenlos erscheinen, sind die Herausforderungen ebenso groß.
Die Vision einer Software Factory ist essenziell für die Zukunft der Automobilindustrie, doch ihre Umsetzung bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich:
Die Anforderungen an Software im Automobilsektor sind weit höher als in anderen Branchen. Autos müssen höchsten Sicherheitsstandards genügen, und Regulierungsbehörden weltweit setzen strikte Vorschriften durch, insbesondere bei Cybersecurity und Software-Updates. Die jüngsten UNECE WP.29 Regularien verpflichten OEMs dazu, robuste Sicherheits- und Update-Strategien zu etablieren.
Ein Beispiel ist die Einführung eines Vehicle Security Operations Centers (VSOC), das in Echtzeit Cyberangriffe erkennt und abwehrt. Hersteller müssen sicherstellen, dass ihre Software nicht nur sicher ist, sondern auch über Jahre hinweg zuverlässig funktioniert – ein massiver Unterschied zu herkömmlicher IT-Software, die oft kürzere Lebenszyklen hat.
Die Geschwindigkeit der Software-Entwicklung stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen. Neue Entwicklungsansätze wie Agile, DevOps und Continuous Integration/Continuous Deployment (CI/CD) werden in die Automobilbranche integriert, um die Time-to-Market zu reduzieren.
Allerdings müssen Unternehmen mit einer Vielzahl von Standards umgehen. Während die IT-Branche flexibel agiert, sind in der Automobilindustrie lange Zertifizierungsprozesse erforderlich. Standards wie AUTOSAR, ASPICE und ISO 26262 müssen berücksichtigt werden, was die Einführung neuer Technologien verlangsamen kann.
Der „War for Talent“ ist in der Automobilbranche besonders spürbar. Softwareentwickler sind heiß begehrt, doch viele von ihnen bevorzugen Tech-Giganten wie Google oder Apple anstelle traditioneller Automobilhersteller.
Unternehmen müssen innovative Wege finden, um Talente zu gewinnen und zu halten. Dies könnte beinhalten:
Besonders neue Marktteilnehmer wie Tesla, Rivian oder chinesische OEMs haben hier einen Vorteil: Sie agieren mit einer „Tech-First“-Mentalität und können schneller und flexibler auf Veränderungen reagieren.
Software-Entwicklung ist teuer, und CFOs großer Unternehmen suchen nach Wegen, Transparenz und Kosteneffizienz zu verbessern.
Hier setzt das Konzept der Software Factory an: Es geht darum, die Prinzipien der Fertigungsindustrie auf Software zu übertragen – also Prozesse zu standardisieren, Engpässe zu eliminieren und Effizienz zu maximieren. Einige Unternehmen setzen bereits auf Software-defined Manufacturing, bei dem Entwicklungsprozesse mit digitalen Zwillingen simuliert und optimiert werden.
Darüber hinaus steigt die Nachfrage nach neuen Finanzierungs- und Steuerungsmodellen. Unternehmen experimentieren mit neuen Methoden des Software Controllings, um die Entwicklungskosten besser planbar zu machen – vergleichbar mit dem Just-in-Time-Prinzip der physischen Produktion.
Während früher klassische Tier-1-Zulieferer wie Bosch oder Continental vor allem Hardware lieferten, sind sie heute zunehmend Software-Partner.
Dieser Wandel eröffnet neue Geschäftsmodelle:
Ein Beispiel ist die enge Zusammenarbeit zwischen Volkswagen und Bosch bei der Entwicklung eines standardisierten Software-Stacks für zukünftige Fahrzeuge.
Laut Yoon ist die erfolgreiche Umsetzung einer Software Factory nicht nur eine Frage der Technologie, sondern vor allem der richtigen Strategie und Unternehmenskultur. Entscheidend sind:
Die Automobilindustrie steht an einem Wendepunkt. Unternehmen, die jetzt in eine leistungsfähige Software Factory investieren, setzen die Weichen für langfristigen Erfolg.
Die Parallelen zur Vergangenheit sind deutlich: Wer den Skalierungseffekt richtig nutzt – wie Henry Ford es einst tat – kann eine neue Ära der Automobilgeschichte prägen. Doch der Wandel ist nicht trivial: Regulatorik, Talentmangel und Kostenkontrolle sind große Herausforderungen.
Doch eines ist sicher: Software wird zum zentralen Differenzierungsmerkmal. Die Gewinner dieser Transformation werden jene sein, die nicht nur Fahrzeuge, sondern digitale Erlebnisse schaffen.
Hinweis: Obwohl ich versucht habe, Yoons Ideen so gut wie möglich darzustellen, würde ich Ihnen vorschlagen, die ganze Präsentation unten anzuschauen, um den vollen Kontext zu verstehen. Falls Sie Fragen haben, können Sie mich anschreiben.
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