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Inside Bosch’s Blueprint for Automotive Software Excellence

Oliver Viel
24.07.2025 19:00:00

Monster, Macht und Mobilität: Wie Bosch Kultur und Software gleichzeitig transformiert

Beim jüngsten Software Excellence Network Event Transform or Face Disruption überraschte Alexander Springer von Bosch Mobility mit einem seltenen Kunststück: Er verband eine technisch präzise Darstellung moderner Softwarearchitektur mit einem radikal ehrlichen Blick auf menschliches Verhalten in traditionellen Großorganisationen. Was als Vortrag über Frameworks und Toolchains begann, entwickelte sich zu einer Masterclass über Führung, Transformation – und die Monster, die wir alle in uns tragen.

Lasst uns über diese Monster sprechen.

Bosch hat Verhaltens-„Monster“ identifiziert – keine Bugs im Code, sondern Bugs in der Unternehmenskultur. Wer in einem Großkonzern arbeitet, kennt sie vermutlich gut: das Silo-Monster, das Not-Invented-Here-Monster, das Perfektions-Monster, das Spaghetti-Code-Monster – um nur einige zu nennen.

Doch anstatt diese Verhaltensmuster zu ignorieren oder ihre Träger zu sanktionieren, setzt Springer auf eine andere Strategie: Die Monster benennen – und mit ihnen spielen. Wortwörtlich.

Mit Hilfe KI-generierter Spielkarten hat Bosch die Transformation spielerisch gemacht. In Meetings, wenn ein bestimmtes Verhalten auftritt – sagen wir, jemand lehnt eine externe Idee reflexhaft ab – kann ein Kollege einfach die passende Monsterkarte hochhalten. Kein Bloßstellen. Keine Konfrontation. Stattdessen: eine gemeinsame Sprache und ein kollektives Bekenntnis zur Veränderung.


Hinter der Metapher steckt harte Technik

Springers Team verantwortet die Bosch Mobility Common Frameworks – darunter Referenzarchitekturen, Toolchains und technische Leitlinien, die das Rückgrat der Softwareentwicklung im Fahrzeugbereich bilden. Die Komplexität ist enorm: Über 3.500 verschiedene Tools sind im Bosch-Softwareportfolio im Einsatz. Eines der zentralen Ziele lautet deshalb: Reduktion, Standardisierung und strategische Ausrichtung der Tool-Landschaft. Weniger Chaos, mehr Wiederverwendung. Weniger Entropie, mehr Skalierbarkeit.

Aber es geht nicht nur um Tools – es geht um Vertrauen, und um ein neues Modell industrieller Softwareentwicklung, das sich an den Erfolgsprinzipien der IT-Welt orientiert.


Was Tesla anders macht

Springer nahm Tesla als Beispiel: Deren zentralisierte Architektur wurde von Anfang an mit ausreichend Spielraum und Flexibilität gestaltet. Das Ergebnis: Over-the-Air-Updates, die nicht nur Softwarefehler beheben, sondern den Lebenszyklus von Fahrzeugen verlängern und neue Geschäftsmodelle ermöglichen.

Dagegen steht die klassische Denkweise vieler OEMs – langsam, risikoscheu, und mehr darauf ausgerichtet, Haftungsrisiken zu vermeiden als Innovationschancen zu nutzen. Springer beschreibt das als kulturelles Hindernis, das viele westliche Hersteller gegenüber dem, was oft als „China-Speed“ bezeichnet wird, ins Hintertreffen geraten lässt.

Chinas Motto: Schnell liefern, unvollständig akzeptieren, im Feld verbessern.
Der westliche Ansatz: 200 % Fertigstellung – vor dem ersten Schritt.

Springer plädiert nicht für leichtsinnige Softwareentwicklung. Er ruft zu Klarheit auf: Welche Software-Innovationen liefern echten strategischen Mehrwert – und welche nicht? Die Schlussfolgerung: Nicht alles muss intern gemacht werden, nur weil Software wichtig ist. Entscheidend ist, das Richtige selbst zu machen – und für den Rest starke Ökosysteme aufzubauen.


Das Auto als Plattform – und das Unternehmen als Netzwerk

Bosch denkt inzwischen über das Fahrzeug hinaus. Ein Elektroauto ist nicht nur ein Fortbewegungsmittel – es ist Teil eines Energiegrids, eines Datenökosystems und einer Serviceplattform. Wer es als geschlossene Box behandelt, verpasst den größten Teil des Potenzials.

Doch diese Potenziale zu erschließen, erfordert mehr als technische Architektur – es erfordert Verhaltensänderung. Genau hier schließt sich der Kreis.


Transformation ist kein Tooling. Sie ist menschlich.

Springers einfache Botschaft: „Wenn wir die Menschen nicht mitnehmen, scheitert alles.“

Das Monsterland-Projekt ist mehr als ein visuelles Gimmick. Es ist eine ernsthafte Investition in Kulturarbeit – in die Fähigkeit von Entwicklern, Product Ownern und Architekten, eigene Denkmuster mit Humor, Offenheit und Mut zu hinterfragen. Es ist ein Experiment in skalierter Selbstreflexion.

Und es funktioniert: In nur wenigen Monaten wurden bereits über 80.000 Monsterkarten intern generiert. Sie haben Diskussionen ausgelöst, Verhalten verändert, Zusammenarbeit verbessert.


Ein Aufruf zum Handeln

Springer schloss seinen Vortrag mit einer simplen Herausforderung: Nicht nur über Transformation reden – sie leben.

  • Fangt mit 80 %-Lösungen an.
  • Reduziert Tool-Wildwuchs.
  • Sprecht offen über das, was nicht funktioniert.
  • Und vor allem: Holt eure Monster ans Licht.

 

Springer

Hinweis:
Dieser Artikel wurde inspiriert von der Masterclass von Alexander Springer auf dem Transform or Face Disruption Executive Exchange. Um den vollen Kontext und die Tiefe seiner Ausführungen zu verstehen, empfehlen wir, die Videoaufzeichnung der Präsentation anzusehen.