In der Automobilbranche spielt Software eine immer zentralere Rolle. Doch während Hardware jahrzehntelang als Hauptwerttreiber galt, sind es heute zunehmend Softwarelösungen, die die Differenzierung und Innovation vorantreiben. Genau darüber sprach Martin Schleicher, Head of Software Strategy bei Continental, in seinem Vortrag. Er betonte, dass Unternehmen dringend ihr Verständnis von Software verändern müssen – weg von der Vorstellung eines bloßen Kostenfaktors hin zu einem essenziellen Wertschöpfungsbestandteil.
Schleicher machte unmissverständlich klar: Viele Unternehmen haben noch nicht verinnerlicht, dass Software nicht einfach eine Zusatzkomponente ist, sondern entscheidend für den Unternehmenswert. Software ist ein Nuissance, also etwas, das als unbequem und teuer empfunden wird. Doch diese Wahrnehmung müsse sich ändern – und zwar auf allen Ebenen des Unternehmens.
Besonders im Automobilsektor sei es wichtig, den wahren Wert von Software zu erkennen. Je mehr Funktionalität ein Fahrzeug über Software steuert, desto höher ist der Wertanteil der Software. In diesem Zusammenhang verwies Schleicher auf ein fundamentales Problem vieler klassischer Automobilhersteller: Sie versuchen, Software einfach als Erweiterung ihres bestehenden Geschäfts zu betreiben, statt dedizierte Software-Organisationen zu schaffen.
Man braucht dedizierte Organisationen für das Software-Business erklärte er. Solche Organisationen müssten nach anderen Prinzipien und Prozessen arbeiten als traditionelle Automobilfirmen. Der Versuch, Software als Nebenprodukt im klassischen Geschäft zu führen, sei oft zum Scheitern verurteilt.
Auch das vielzitierte Beispiel großer IT-Firmen wie Apple oder Tesla belege diesen Punkt. Obwohl Apple herausragende Software entwickelt, liegt ihr Hauptgeschäft nach wie vor in der Hardware. Tesla hingegen nutzt Software als strategischen Vorteil, indem sie kontinuierlich durch Kundendaten und Over-the-Air-Updates verbessert wird.
Ein weiteres zentrales Thema in Schleichers Vortrag war Open Source. Während die Automobilindustrie traditionell auf geschlossene Systeme setzte, wächst zunehmend das Bewusstsein, dass offene Plattformen und gemeinsame Entwicklung ein Schlüssel zur Innovationskraft sein können.
Elektrobit selbst nutzt Open-Source-Software und veröffentlicht eigene Module unter Open-Source-Lizenzen. Schleicher glaubt, dass dies ein Modell für die gesamte Branche sein könnte: Open Source als ein Verfahren, wie wir als Industrie gemeinsam Innovationen vorantreiben und zusammenarbeiten können.
Er plädierte dafür, nicht jedes Problem von Grund auf neu zu lösen. Die IT-Branche hat gezeigt, dass standardisierte, kompatible Schnittstellen die Entwicklung effizienter machen. Die Automobilindustrie könne viel von dieser Denkweise übernehmen, um Qualität zu steigern und Kosten zu senken.
Ein weiteres Thema, das Schleicher ansprach, war die Notwendigkeit, Entwicklungsprozesse radikal zu beschleunigen. Er berichtete, dass es in manchen Unternehmen bis zu drei Monate dauert, bis eine Softwarelieferung tatsächlich in einem Fahrzeug sichtbar ist – ein untragbarer Zustand in der heutigen, schnelllebigen Welt.
Tesla und andere Software-getriebene Unternehmen zeigen einen anderen Weg: Sie nutzen reale Fahrzeugdaten, um kontinuierlich aus Kundenfeedback zu lernen und Produkte laufend zu verbessern. Statt darauf zu warten, dass ein perfekt ausgearbeitetes System auf den Markt kommt, setzen sie auf inkrementelle Verbesserungen. Schleicher brachte es mit einem markanten Zitat auf den Punkt: Sei der Schnellste mit der zweitbesten Lösung, nicht der Langsamste mit der besten.
Zentrale Technologien für eine schnellere Software-Entwicklung sind Cloud-Simulationen und virtuelle Steuergeräte (ECUs). Unternehmen müssen Umgebungen schaffen, in denen Software bereits vor dem physischen Fahrzeugeinsatz unter realistischen Bedingungen getestet werden kann. So lassen sich Entwicklungszyklen drastisch verkürzen und Effizienzgewinne erzielen.
Schleicher beleuchtete auch die Herausforderung der Automobilhersteller (OEMs) in Bezug auf die Software-Entwicklung. Wo genau die „Software Factory“ angesiedelt sein sollte – ob direkt beim OEM oder als orchestrierter Prozess über die gesamte Lieferkette – sei noch offen. Klar sei aber, dass Transparenz, offene Schnittstellen und Zusammenarbeit essenziell sind.
Ein radikaler Wandel sei notwendig: Software muss als strategischer Unternehmensbestandteil begriffen werden, nicht als bloßes IT-Projekt. Die Unternehmen, die dies verstehen, werden langfristig erfolgreicher sein als jene, die weiterhin an alten Strukturen festhalten.
Schleichers Vortrag machte deutlich, dass die Automobilbranche noch am Anfang einer tiefgreifenden Transformation steht. Software ist nicht nur eine Notwendigkeit, sondern ein Werttreiber. Wer Software richtig nutzt, kann Wettbewerbsvorteile erzielen, Innovationszyklen beschleunigen und neue Geschäftsmodelle erschließen.
Doch dafür braucht es ein radikales Umdenken – weg von traditionellen Unternehmensstrukturen, hin zu einer agilen, softwaregetriebenen Denkweise. Open Source, datengetriebene Entwicklung und virtuelle Testumgebungen sind dabei entscheidende Bausteine. Die Zukunft der Automobilindustrie wird maßgeblich davon abhängen, wie schnell und konsequent Unternehmen diesen Wandel vollziehen.
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Hinweis: Dieser Artikel bietet einen Überblick über die wichtigsten Ideen, die Martin Schleicher in seinem Vortrag vorgestellt hat. Wir haben zwar die wichtigsten Konzepte und Innovationen, die er vorstellte, zusammengefasst, aber den vollen Umfang seiner Erkenntnisse und Beispiele erfahren Sie am besten, wenn Sie sich die gesamte Sitzung unten ansehen. Um tiefer einzutauchen und direkt vom Redner zu hören, laden wir Sie ein, sich die vollständige Präsentation anzusehen. Wenn Sie Fragen haben oder weitere Informationen wünschen, können Sie sich gerne an uns wenden.
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